Auf welches Danach hoffst du?

 

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Liebe Yoga-Interessierte

In den letzten Jahren bin ich mit vielen Ängsten konfrontiert worden.

Der grosse Lehrer des Yoga, Patañjali, nennt KLESHA die Ursache allen Leidens. Klesha sind “belastende, tiefsitzende Kräfte, die unser Tun und Denken beeinflussen” [2]. Angst, ABHINIVESHA, ist eine der fünf Kleshas.

Hier eine kleine Selektion meiner Ängste, welche – wie vieles heutzutage – einen Bezug zur Pandemie haben:

Angst, meine Familie ausserhalb der Schweiz nicht mehr sehen zu können;
Angst, von der Trostlosigkeit Angehörige wegen Corona, verloren zu haben;
Angst, meine Einkommen zu verlieren;
Angst, unsere Yogagemeinschaft auflösen zu müssen, weil wir die Miete nicht bezahlen können;
Angst, länger im Homeoffice weiter zu bleiben und den damit verbundenen Folgen…
…Angst mich selbst zu verlieren, weil ich keine Bestätigung auf meine Person bekomme. Bestätigung oder Echo meiner Handlungen. Bestätigung, die meine Persönlichkeit bis vor kurzem definiert hat.

Die Quelle dieser Ängste liegt wahrscheinlich in der falschen Überzeugung (Klesha AVIDYÂ), dass wir in einem sicheren Land leben. Ich denke dabei an die Aussage: “Es sind die anderen, die es falsch machen. Darum geht es ihnen so schlecht. Wir haben ein gut funktionierendes Sozial- und Gesundheitssystem. Uns wird schon nichts schlimmes passieren”. Du hast wahrscheinlich schon ähnliche Aussagen gehört oder gedacht.

Die Pandemie wird unser Leben wahrscheinlich noch lange prägen. Trotzdem, wenn ich nach vorne schaue, taucht als erstes immer die gleiche Frage auf: “Auf welches Danach hoffe ich?”

Für mich bedeutet Zukunft an etwas zu glauben, ein Projekt zu haben und mit Vertrauen (positive innere Haltung) auf eine Besserung hinzuarbeiten. Yoga ist die Übung dieser inneren Haltung. Es kann aber passieren, dass wir durch Angst geblendet, vergessen die Werkzeuge zu nutzen, welche uns Yoga bietet.

Mir hat in diesem Moment geholfen, in Ruhe, konzentriert und aufmerksam mich einem Thema zu widmen, welches mir Freude bereitet. In meinem Fall ist das die Gartenarbeit und das für mich neue Universum der Permakultur [3]. Die Permakultur bemüht sich aufmerksam mit der Natur zu bleiben. Im Yoga ist das Wort dafür ABHYASA. In dem wir uns um Abhyasa bemühen, erleben wir VAIRAGYA. In diesem Zusammenhang bedeutet das für mich, dass wir uns nicht mehr durch Leid und Angst leiten lassen. Vairagya schafft uns mehr inneren Raum und ermöglicht innere Freiheit.

Nun zurück zur Anfangsfrage: “Auf welches Danach hoffe ich?”

Ich hoffe nicht nur, ich bleibe aktiv. Ich werde kleine und grosse Dinge pflegen, die mir Freude machen, mir Sinn stiften. Ich werde Aktivitäten verfolgen, welche Mensch und Natur respektieren. Und hoffen – hoffen tue ich, dass ich diesen Weg nicht alleine mache.

Tagore sagte es kürzer und poetischer:

“Wer Bäume setzt, obwohl er weiss, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen den Sinn des Lebens zu begreifen.” [4]

Eure Cristina


[1] Detail von Dankeschönkarten, die meine Teilnehmerinnen des Yogakurses bekommen haben. In tiefer Dankbarkeit für ihre Treue während unsere Online-Phase.

[2] Patañjali, Das Yogasutra (übersetzt von S. Sriram). Theseus Verlag

[3] Öko-forum, Umweltberatung in Luzern, gibt gerne Information dazu

[4] Rabindranath Tagore: indischer Philosoph, Dichter, Maler und Komponist. Indien 1861 - 1941

Piera Bachmann