Mein Pfad des Yoga - Yogamarga

Liebe Yoga-Interessierte

Meine erste Erfahrung mit Yoga machte ich vor zirka 17 Jahren: ich besuchte eine Hatha Yoga Lektion in Luzern. Ich fühlte mich danach seelisch entspannt, gedanklich frei und körperlich gestärkt. Die Erfahrung war so nachhaltig, dass ich ab diesem Zeitpunkt regelmässig den Yogaunterricht besuchte. Elf Jahre später liess ich mich zur Yogalehrerin ausbilden. Während dieser Zeit interessierte mich die Frage, wie sich Gymnastik und Yoga unterscheiden. Deshalb wollte ich während der Ausbildung zur Yogalehrerin möglichst verschiedene Lehrpersonen und unterschiedliche Arten von Yoga kennenlernen. Wie von einem Blitz getroffen wurde ich beim Besuch meiner ersten Yin Yoga Lektion in Australien: ich fühlte mich richtiggehend elektrisiert, glücklich, energetisch ausgeglichen und strahlend. Dies war sogar für Fremde sichtbar. Beim Aufschliessen meines Fahrrades nach der Yin Yoga Lektion trat nämlich ein junger Kellner von einer hölzernen Restaurantterrasse herunter, kam auf mich zu und meinte: “You’re looking radiant”. Ich strahlte ob dem Kompliment gleichwohl noch mehr und verriet ihm, was mein inneres Leuchten ausgelöst hatte. Mein Interesse am Yin Yoga war geweckt und nach Abschluss der Ausbildung zur Yogalehrerin hängte ich gleich eine Zweitausbildung in Yin Yoga an.

YIN YOGA IST WEIBLICH

Aus dem Taoismus kennen wir das Yin und Yang-Symbol.

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Die schwarze Seite steht für Yin und meint Dunkelheit, Ruhe, das Feste, Unbewegliche, das Empfangen und das Weibliche. Die weisse Seite Yang steht für Helligkeit, Licht, Aktivität, Bewegung, aktive Kraft und für das Männliche. Die beiden entgegengesetzt farbigen Punkte veranschaulichen, dass Yin auch ein Same von Yang beinhaltet und umgekehrt. Es gibt nicht das Eine ohne das Andere. Hatha Yoga wird eher dem Yang, dem Männlichen zugeschrieben, Yin Yoga dem Yin, dem Weiblichen. Es braucht im Leben einen Ausgleich von Yin und Yang, damit wir uns wohl und in der Mitte fühlen.

Faszinierend am Yin Yoga ist die komplett andere Herangehensweise als beim Hatha Yoga. Es gibt kein Richtig und Falsch in der yogischen Form – wichtig dabei ist das Loslassen, um in die Position (Asana) einzutauchen. Diese wird mindestens drei Minuten lang ruhig, mit Hilfsmitteln gut unterstützt, möglichst bewegungslos eingenommen mit verschiedenen Zielen:

  • Auf körperlicher Ebene möchte man durch die lange Beanspruchung (Druck und Zug) die tieferliegenden Faszien erreichen und Raum in den Gelenken und im gesamten Fasziennetz schaffen. Dies kann sich günstig auf verklebtes Bindegewebe und somit auf Schmerzen auswirken. Yin Yoga kann deshalb therapeutisch wirken.

  • Auf energetischer Ebene spricht man den Ausgleich der Meridiane an. Im Yoga nennt man diese auch Nadis und meint damit Energielinien im Körper. Dadurch wird das parasympathische Nervensystem angeregt und eine tief gehende Entspannung erreicht. Der Atem fliesst frei und beruhigt sich, was sich positiv auf die mentale Aktivität auswirkt.

  • Auf seelisch-mentaler Ebene gilt es einerseits Emotionen, die im Körper gespeichert sind durch die Dehnung an die Oberfläche (ins Bewusstsein) zu bringen und andererseits Emotionen und Gedanken, die einen tagtäglich begleiten, loszulassen. Der Geist wird still und dadurch meditiert sich der der Übende in die Asana hinein.

Dank der Erfahrungen mit Yoga generell ist mir bewusst geworden, dass Loslassen viel mit Disziplin und mit Selbstorganisation zu tun hat. Im Yin Yoga tritt dieser Aspekt noch verstärkt in den Vordergrund.

Das Yoga Sutra ist ein über zweitausend Jahre alter, philosophischer Quellentext des Yoga. Darin wird das Thema Loslassen und Disziplin in verschiedenen Versen angesprochen als ein interessantes Wechselspiel zwischen Disziplin, konstanter Praxis (abhyasa) und Loslassen (vairagya) beschrieben. Beide Polaritäten von Yin und Yang finden sich da wieder. So begründet das Yoga Sutra, warum wir männliche, kraftfordernde und weibliche, nährende Yoga-Stile praktizieren. Obwohl es vor über zweitausend Jahren weder Yin noch Hatha Yoga in der Form, wie wir es heute praktizieren gab, finden wir die philosophisch-spirituelle Grundlage in besagtem Text. Bei jedem Yoga-Stil geht es um die Einheit, das Loslassen und zur Ruhe kommen der mentalen Muster im Geist und letztendlich um die Befreiung.

 
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WEITERE INFOS

Beitrag von SRF Ratgeber:
Artikel: Yoga! Das Magazin Nr 4/2020

Die nächste Yin Yoga Lektion in der Yogagemeinschaft findet am 25. Juni 2021 um 18.00 Uhr UND um 20.00 Uhr statt und dauert jeweils 90 Minuten.

Anmeldung: Hilde Stöckli, 079 569 96 11, www.yogamarga.ch

Piera Bachmann